27 Mai 2006

Der Depri-News-Blog hat sein Erscheinen eingestellt.
Hier geht es weiter zu den Google News zum Thema Depressionen.

14 Februar 2006

«Stress macht krank»

http://www.tagblatt.ch/index.php?...hintergrund
Zitat: Stress in der Arbeitswelt durch Konkurrenzdruck, Mobbing oder Misserfolge, Stress durch familiäre Konflikte und Alltagsärger, Lebensschicksale und Ängste führen zu Depressionen. Der Psychiater Otto Benkert sagt, was dagegen getan werden kann.

Herr Professor Benkert, lange Zeit wurde der enge Zusammenhang zwischen Stress und Depression von der Medizin als spekulativ angesehen. Was hat zu einer Änderung der bisherigen Auffassung geführt?

Otto Benkert: Eine Änderung kam dadurch zustande, dass in den letzten Jahren mehr über die Neurobiologie, die sowohl dem Stress als auch der Depression zugrunde liegt, bekannt wurde. Zum anderen belegen grosse epidemiologische Studien aus jüngster Zeit eindeutig, dass Depression und Stress – insbesondere Dauerstress – zu höheren körperlichen Krankheitsrisiken führen. Aber nicht nur die Neurobiologie und die Folgekrankheiten sind ähnlich, sondern auch die Symptomatik ist fast nicht zu unterscheiden. Deswegen habe ich auch orthografisch Stress und Depression in der Wortverbindung StressDepression zusammengeführt.

Ein neues Krankheitsbild?

Benkert: Wenn wir uns ansehen, wie häufig Stress und Depression miteinander verbunden sind, müssen wir von einer neuen Volkskrankheit sprechen. Millionen Menschen sind zurzeit schwer depressiv und leicht depressiv sind vier- bis fünfmal so viele. Aber ein «leicht depressiver» Mensch trägt ein fünfmal so grosses Risiko wie ein gesunder, schwer depressiv zu werden.

Was kann Stress-Depression auslösen?

Benkert: Die wichtigsten Stressfaktoren kommen – rein statistisch gesehen – aus der Arbeitswelt. Nach einer Meinungsumfrage fühlt sich ein Drittel der berufstätigen Menschen «gestresst». Die Depression hat in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts vor allem bei Jugendlichen leicht zugenommen. Junge Menschen, die sich einer ungewissen Zukunft in der Arbeitswelt ausgeliefert sehen, haben offensichtlich ein höheres Risiko, in die Depression abzugleiten.

Ein zweiter wichtiger Faktor liegt in den einzelnen Lebensschicksalen, den so genannten «Life-Events». Das kann der Tod eines Familienangehörigen, aber ebenso ein Orts- oder Berufswechsel sein. Darüber hinaus stellen körperliche oder psychische Krankheiten eine hohe Belastung dar, dies umso mehr, je älter ein Mensch wird.

Sehen Sie im Alter einen besonderen Stressfaktor?

Benkert: Natürlich ist der alte Mensch immer mehr Belastungen ausgesetzt. Er wird häufiger krank, und es kommen immer mehr Sorgen auf ihn zu, die er verarbeiten muss. Wir wissen, dass Einsamkeit eine grosse Belastung ist. Und wir wissen auch, dass die Entlassung eines Menschen in den Altersruhestand zu jenen «Life-Events» gehört, die sehr nachhaltig in das individuelle Leben eingreifen. Alles hängt davon ab, über wie viele Ressourcen, den inneren Schutzfaktoren, ein Mensch verfügt und in welchem Masse er in der Lage ist, etwa «Live-Events» zu verarbeiten.

Inwiefern führt Angst zu einer Stress-Depression?

Benkert: Heute wissen wir, dass Angsterkrankungen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich erhöhen.

Wie verhält es sich mit der Zunahme nervöser Störungen?

Benkert: Nervosität nach innen in Form von Angespanntheit oder der Unmöglichkeit einmal abzuschalten oder Nervosität nach aussen, was sich etwa in gehetztem Essen oder unkoordiniertem Arbeitsverhalten ausdrückt, ist ein Symptom von Dauerstress, der schliesslich in eine Erschöpfung hineinführt. Diese Symptome der Erschöpfung gehen dann in ein Burn-out-Syndrom über; die überarbeiteten Menschen fühlen sich einfach ausgebrannt.

Hat auch zu wenig Schlaf stressschädigende Folgen?

Benkert: Es kommt gar nicht so sehr darauf an, wie viele Stunden Schlaf ein Mensch während der Nacht hatte, sondern ob er sich am nächsten Tag wohl fühlt. Viel wichtiger scheint mir zu sein, dass Menschen durch die Gehetztheit in ihrem Berufsleben insgesamt zu wenig Schlaf haben und sich dann nicht ausgeschlafen fühlen. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab, die Sorgen werden immer grösser, und es wird ein Teufelskreis in Gang gesetzt, an dessen Ende die StressDepression steht.

Die Schlafstörung ist ein Symptom, das wir beim Dauerstress und auch bei der Depression sehen. Deswegen ist es auch bei der Therapie der Depression so wichtig, den Schlaf zu regulieren. Für jeden unter Schlafstörungen leidenden Menschen, ob im Dauerstress oder einer Depression, ist es von zentraler Bedeutung, dass er zu einem geordneten Schlafrhythmus geführt wird.

Führt Stress zwangsläufig zu einer Depression?

Benkert: Stress ist die Antwort auf eine Belastung. Zwischen der Auslösung des Stresses und den Reaktionen darauf erfolgt die Verarbeitung der Belastung. Und dies ist das Entscheidende. Einige Menschen zeigen selbst bei höchsten Belastungen keine Stressreaktionen – anregender Stress. Manche Menschen weisen eine hohe Stresstoleranz auf oder sind sogar stressimmun.

Wer ist «stresstolerant» oder «stressimmun»?

Benkert: Stresstolerant sind beispielsweise einige unserer Manager, die am liebsten mit zwei Telefonhörern am Computer sitzen. Allerdings kann diese Aktivität auch eine Alibifunktion haben. Man will nicht darauf eingehen, dass Stress – und vor allem Dauerstress – ein erhöhtes Depressionsrisiko und ein hohes Risiko für körperliche Krankheiten in sich birgt. Man will so weitermachen.

Es gibt auch gerade junge Menschen, die den Stress suchen. Es gibt auch einen genetischen Faktor, der einige Menschen unter Stress vor einer Depression schützt.

Gibt es weitere Folgekrankheiten der Stress-Depression?

Benkert: Neben den Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören Diabetes, Osteoporose und verschiedene Schmerzsyndrome wie Nackenschmerzen, Schulterschmerzen oder Kopfschmerzen zu den körperlichen Folgeerkrankungen der Stress-Depression.

Welche Behandlungsmethoden stehen zur Verfügung?

Benkert: Leider müssen wir feststellen, dass der Zusammenhang zwischen Stress und Depression noch immer zu wenig Beachtung findet. Er wird von Wissenschaftern in der Neurobiologie sehr intensiv erforscht, auch von vielen Psychotherapeuten gesehen. Aber der Gesamtzusammenhang bleibt mehr oder weniger für viele noch im Dunkeln. Was die Depression betrifft, so besteht das Problem, dass höchstens die Hälfte der schwer depressiven Patienten von den Ärzten als solche erkannt und dass nur ein Drittel richtig behandelt wird.

Wenn die Zusammenhänge der Stress-Depression mit den körperlichen Krankheiten mehr bekannt werden, sehe ich gute Chancen für eine gezieltere Therapie sowohl der Stress-Depression als auch der Folgekrankheiten.

Zur Behandlung stehen uns zwei Möglichkeiten zu Gebote: Einmal, besonders bei Dauerstress die Verhaltenstherapie, auf deren Grundlage das «kognitive Stressmanagement» entwickelt worden ist, und zum anderen die Therapie der Depression mit Antidepressiva.

Ist eine Linderung oder sogar Heilung der Stress-Depression bei gleich bleibenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Grundbedingungen überhaupt zu erwarten?

Benkert: Grundsätzlich ja. Wir können die gesellschaftliche Situation, in der wir leben, nicht wesentlich verändern. Durch Minderung des Dauerstresses können wir aber sehr wohl die biologischen Veränderungen im Gehirn modulieren und auch bei vielen wieder normalisieren. Entscheidend sind das Wissen um die StressDepression und der Wille, etwas zu verändern.

Im Jahr des 150. Geburtstages von Sigmund Freud stellt sich die Frage: Inwieweit kann die Psychoanalyse bei Stress-Depression eingesetzt werden?

Benkert: Die Psychoanalyse hatte viele Karrieren. In der letzten Zeit ist es ruhiger um sie geworden. Eine vor Kurzem aufgetretene Renaissance war die Beobachtung, dass frühkindliche Traumata Narben im Gehirn setzen, die auch später noch nachweisbar sind. Jetzt wird darüber spekuliert, ob Freud doch Recht hatte. Für die Stress-Depression ist die Psychoanalyse jedoch nicht geeignet.

Worin bestehen gegenwärtig die grössten Herausforderungen für die Stressforschung?

Benkert: Vorrangig handelt es sich darum, die Ursachen von Dauerstress und Depression weiter zu erforschen, also die Neurobiologie weiter aufzuklären. Der Weg ist vorgegeben. Die wichtigste Herausforderung liegt in der genetischen Forschung. Denn es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Umwelt und unserer biologischen Ausstattung. Die Fragen, um die es hier geht, beziehen sich vor allem auf die Interaktion zwischen Umwelt, also den Stressoren und der Neurobiologie. Schliesslich geht es auch um die Neuentwicklung von Antidepressiva und möglicherweise auch von Medikamenten gegen den Dauerstress.

Selbstverständlich wäre es besser, die eigentliche Ursache, also den Dauerstress selbst, zu beseitigen. Aber auch unter den günstigsten Lebensbedingungen wird es immer Menschen geben, die zusätzliche psychotherapeutische oder medikamentöse Hilfe benötigen. Und noch bessere Hilfe erhoffe ich mir von der Forschung in den nächsten Jahren.

Professor Dr. med. Otto Benkert war Direktor der Psychiatrischen Klinik der Universität Mainz. Er ist Autor zahlreicher Bücher. Sein neuestes Buch: «StressDepression. Die neue Volkskrankheit und was man dagegen tun kann» (Verlag C.H. Beck, München 2005).

11 Februar 2006

Depressionen: Riskikofaktor Kind

http://focus.msn.de/hps/fol/newsausgabe/newsausgabe.htm?id=24672
Zitat: US-Forscher demontieren den Mythos vom Nachwuchs als Schlüssel zum Glück. Im Gegenteil: Eltern sind offenbar häufiger depressiv als Kinderlose.

Kinder können ihren Eltern großes Mutterglück und höchste Vaterfreuden bescheren – soviel ist unbestritten. Doch das ist, wie so oft, nur die eine Seite der Medaille. Die andere, dunklere Seite der Elternschaft enthüllt nun überraschend eine US-amerikanische Studie. Sie zeigt, dass Eltern häufiger unter Depressionen leiden als Menschen ohne Nachwuchs.

„Eltern haben mehr Sorgen als andere Menschen – das ist das Grunddilemma“, sagt Robin Simon von der Florida State University. Sie wertete noch einmal ganz neu Daten von mehr als 13 000 US-Amerikanern aus, die im Rahmen der „National Survey of Families and Households“ zwischen 1988 und 1989 erhoben wurden.

Kinderkriegen als Schüssel zum Glück? Die Ergebnisse der aktuellen Analysen demontieren diesen Mythos gründlich. Befragte Eltern gaben öfter klassische Depressionssymptome zu Protokoll als Kinderlose: Sie waren häufiger unglücklich, fühlten sich öfter einsam und ängstlich und hatten größere Probleme, ihren Alltag zu bewältigen.

Doch die Wissenschaftlerin schaute noch genauer hin: Sie verglich nicht nur die psychische Gesundheit von Eltern mit der von Kinderlosen, sondern nahm auch die verschiedenen Elterngruppen separat unter die Lupe – beispielsweise Alleinerziehende, Eltern mit kleinen Kindern, solche, deren erwachsenen Kinde noch daheim leben und solche, deren Sprösslinge schon ausgezogen waren. Dabei zeigten sich erhebliche Unterschiede.

Besonders vom Seelendunkel bedroht sind offenbar Eltern, deren Kinder noch zu Hause leben. Außerdem sind – wenig überraschend – Alleinerziehende stärker gefährdet als Verheiratete, außerdem auch Eltern mit geringer Bildung und niedrigerem Einkommen sowie Farbige. Die Doppelbelastung von Job und Familie scheint sich hingegen weniger negativ auszuwirken als bisher angenommen. Im Gegenteil: Eltern, die keinen oder nur einen Teilzeitjob hatten, litten häufiger unter depressiven Symptomen als Vollzeitbeschäftigte.
Besonders bemerkenswert ist jedoch, dass die verschiedenen Elterngruppen statistisch betrachtet stärker oder genauso oft unter depressiven Symptomen leiden als die Gruppe der Kinderlosen. Das gilt sogar für Eltern, deren Kinder bereits flügge sind. Offenbar stabilisieret der Nachwuchs nicht einmal dann die Seele, wenn die größten Belastungen durchgestanden sind. Ebenso erstaunlich: Väter sind offenbar ebenso belastet wie Mütter – hatte man doch bisher angenommen, dass der größte Stress die Mütter trifft.

Die Ergebnisse bedeuteten nicht, dass Eltern keine Freude an ihrer Rolle finden, betont die Wissenschaftlerin. Sie zeigten aber, dass die Belastung größer sein kann, als die psychische Bereicherung. Robin Simon führt das vor allem auf die moderne Lebensform zurück, die Eltern zur Erziehung ihrer Kinder wenig Unterstützung bietet. Die Forscherin empfiehlt Frauen und Männern mit Kinderwunsch daher, sich einen realistischen Blick für die Herausforderungen zu bewahren, die ihnen bevorstehen – und sich größtmögliche Hilfe von außen zu suchen. „Wir romantisieren die Elternschaft zu sehr“, gibt die Forscherin zu bedenken. „Kinderkriegen ist nicht das, was uns die Fernsehwerbung vorgaukelt.“ Die Ergebnisse veröffentlichte die Forscherin im Journal of Health and Social Behavior der American Sociological Association.

10 Februar 2006

Antidepressiva in der Schwangerschaft führen zum Entzugssyndrom von Neugeborenen

http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=23033
Zitat: In der vergangenen Woche hatten sich US-Mediziner im amerikanischen Ärzteblatt JAMA für den Einsatz von Antidepressiva in der Schwangerschaft ausgesprochen. Jetzt macht eine Studie aus Israel in den Archives of Pediatrics & Adolescent Medicine (2006; 160: 173-176) auf mögliche Risiken aufmerksam: Bei fast jedem dritten Neugeborenen fanden die Pädiater Symptome eines perinatalen „SSRI-Entzugssyndroms“.

Dass sich die Feten im Uterus an die selektiven Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (SSRI) gewöhnen können, zeigt sich nach Ansicht von Rachel Levinson-Castiel vom Schneider Children's Medical Center in Petah Tiqwa/Israel vor allem am lautstarken Schreien der Neugeborenen. Daneben zählen ein Tremor, gastrointestinale Probleme und ein abnorm erhöhter Muskeltonus sowie Schlafstörungen zum „SSRI-Entzugssyndrom“.

Die Autoren haben 60 Neugeborene von Müttern untersucht, die während der Schwangerschaft mit Paroxetin, Fluoxetin, Citalopram, Sertralin oder Venlafaxin behandelt worden waren. Die Kinder wurden mit dem Finnegan-Score untersucht, eine Methode, die zum Nachweis eines neonatalen Entzugssyndroms bei Kindern opiatabhängiger Schwangerer entwickelt wurde. Dort zeigt ein Score von mehr als 10 Punkten ein behandlungsbedürftiges Entzugssymptom an.

Einen so hohen Wert erreicht der „SSRI-Entzug“ nicht, und die Autoren sehen auch keine Notwendigkeit zu einer Behandlung der Neugeborenen. Immerhin 8 der 60 untersuchten Neugeborenen hatten jedoch einen Score von 8 oder mehr, der nach Ansicht der Autorin ein schweres „SSRI-Entzugssyndroms“ anzeigt. Weitere 10 Kinder hatten einen Score von 4 bis 7, der auf ein mildes „SSRI-Entzugssyndrom“ hinweise. Bei den 60 Kontroll-Neugeborenen ohne SSRI-Exposition in der Schwangerschaft war der Finnegan-Score immer normal (0 bis 3 Punkte).

Die Autorin spricht sich nicht kategorisch gegen den Einsatz von SSRI in der Schwangerschaft aus, bittet aber darum, die Möglichkeit eines „SSRI-Entzugssyndroms“ bei der Indikationsstellung zu berücksichtigen. Nach der Geburt sollten die Kinder über 48 Stunden beobachtet werden. Außerdem fordert die Autorin weitere Studien zur Sicherheit von SSRI in der Schwangerschaft

Schädigen SSRI-Antidepressiva in der Spätschwangerschaft die Lungen des Neugeborenen?

http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=23071
Zitat: Die Exposition mit Antidepressiva aus der Gruppe der SSRI in der Spätschwangerschaft kann möglicherweise eine schwere pulmonale Hypertonie des Neugeborenen auslösen. Die Erkrankung ist selten, kann aber tödlich verlaufen, weshalb die Ergebnisse einer Fall-Kontroll-Studie im New England Journal of Medicine (2006; 354: 579-587) die US-amerikanische Aufsichtsbehörde FDA auf den Plan gerufen hat.

Die Pädiaterin Christina Chambers von der Universität von Kalifornien in San Diego hatte 377 Frauen befragt, deren Kinder nach der Geburt eine primäre pulmonale Hypertonie des Neugeborenen (PPHN) entwickelt hatten. Diese Erkrankung ist relativ selten, aber gravierend. Die Inzidenz wird auf 1 bis 2 pro 1.000 Geburten geschätzt, von denen 10 bis 20 Prozent an den Folgen einer respiratorischen Insuffizienz sterben. Ursache ist eine fehlende Dilatation der Lungengefäße nach der Geburt. Auf der Suche nach möglichen Ursachen war Chamberes bereits in einer früheren Untersuchung auf selektive Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (SSRI) gestoßen (NEJM 1996; 335: 1010-5). Dies war Anlass für die aktuelle Fall-Kontroll-Studie, die den Verdacht bestätigen sollte.

Von den 377 Kindern mit PPHN waren 14 nach der 20. Gestationswoche mit SSRI exponiert gewesen. Die Rate war mehr als fünffach höher als in einer Kontrollgruppe von 836 Kindern ohne PPHN. Nach der Berücksichtigung von anderen Faktoren wie ethnische Herkunft und Schwangerschaftsdiabetes wurde sogar ein mehr als sechsfach erhöhtes Risiko gefunden (adjustierte Odds Ratio 6,1; 95-Prozent-Konfidenzintervall 2,2-16,8 ). Chambers vermutet, dass SSRI, die sich in der Lunge anreichern, dort die Konzentration von Serotonin erhöhen. Dieser Neurotransmitter hat nicht nur vasokonstriktorische Eigenschaften, er fördert auch die Proliferation von glatten Muskelzellen, was einen typischen Befund bei der PPHN erklären würde, nämlich die Verdickung der Gefäßwände.

James Mills vom US-National Institute of Child Health and Human Development in Bethesda/Maryland hält im Editorial (NEJM 2006; 354: 636-638 ) ein erhöhtes PPHN-Risiko durch SSRI durchaus für plausibel. Dass ein Zusammenhang bisher nicht erkannt wurde, könnte zum einen an der Seltenheit der Erkrankung und zum anderen daran liegen, dass SSRI in der Schwangerschaft selten eingesetzt werden. Werden die Feten aber exponiert, dann könnte nach den jetzigen Ergebnissen eines von hundert Kindern eine PPHN entwickeln.

04 Februar 2006

Armut macht depressiv

http://www.nachrichten.at/leben/...dad7feef9b7aa75d
Zitat:
Die Erfolgsaussichten einer Depressionsbehandlung hängen auch von der Einkommenssituation des Patienten ab. Während bereits früher bekannt war, dass Menschen mit geringem Einkommen anfälliger für die Erkrankung sind, deutet eine neue US-Studie darauf hin, dass bei ihnen auch die Therapie schlechter anschlägt als bei wohlhabenderen Patienten. Die Selbstmordgefährdung war bei Patienten aus einkommensschwachen Schichten doppelt so hoch wie bei Menschen aus mittleren Schichten und 2,5 Mal höher wie bei Menschen aus oberen Schichten.

03 Februar 2006

Depression: Unterschiede im Belohnungssystem

http://www.abendblatt.de/daten/2006/02/02/529487.html?s=2
Zitat:
Moderne Verfahren zur Abbildung feinster Körperstrukturen liefern Wissenschaftlern immer neue Informationen - selbst über unser Seelenleben. "In einer Studie mit zwölf depressiven und 13 gesunden Mädchen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren konnten wir nachweisen, daß die Verbindung zwischen zwei bestimmten Hirnregionen bei den depressiven Mädchen nicht so ausgeprägt war wie bei ihren gesunden Altersgenossinnen", berichtet Prof. Michael Schulte-Markwort, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik am Universitätsklinikum Eppendorf. Möglich wurde diese Erkenntnis mit Hilfe eines speziellen Verfahrens der Magnetresonanztomographie, dem sogenannten Diffusion Tensor Imaging, kurz DTI. "Damit läßt sich der Faserverlauf der weißen Hirnsubstanz darstellen und so auch die Verbindung zwischen einzelnen Hirnregionen zeigen", so der Kinderpsychiater weiter.

Aus der Studie zieht er folgenden Schluß: "Bei depressiven Mädchen haben wir Hinweise auf ein schwächer ausgeprägtes Belohnungssystem in Kombination mit einem Mißverhältnis im Bereich des Limbischen Systems, dem Sitz der Gefühlssteuerung, gefunden. Das ist vermutlich der anatomische Befund dafür, daß das Gefühlsleben dieser Mädchen beeinträchtigt ist. Und damit ließe sich auch erklären, warum typische depressive Gefühle wie ,alles hat keinen Sinn, ich bin nichts wert' nicht durch Vernunftargumente beeinflußt werden können. Es hat überhaupt keinen Sinn, einem solchen Mädchen zu erzählen, ,aber schau doch mal nach draußen, wie schön die Sonne scheint'." Das bedeute auch, daß dieses Erleben durch andere positive Erfahrungen nicht ohne weiteres zu korrigieren sei.

Warum allerdings diese Verbindungen im Gehirn nicht so stark sind und ob erst die Depression vorhanden ist und dann sich das Gehirn verändert oder umgekehrt, das wissen die Wissenschaftler um Schulte-Markwort, Thomas Stegemann und ihre Kollegen vom Neuroimage Nord (NIN) noch nicht. Um das Phänomen weiter zu ergründen, wollen die Wissenschaftler jetzt in einer weiteren Studie überprüfen, ob bei erwachsenen depressiven Frauen die gleichen Veränderungen zu beobachten sind.

Alle bisherigen Erkenntnisse bewegen sich zwar noch im Bereich der Grundlagenforschung, könnten aber in Zukunft einen wichtigen Stellenwert in der Erforschung der Depression einnehmen. "Wir gehen davon aus, daß diese Auffälligkeiten bei schweren Formen der Depression, die man früher als endogen bezeichnete, ausgeprägter sind als bei den leichteren sogenannten reaktiven Depressionen, die in Folge eines belastenden Erlebnisses auftreten wie z. B. schwere Verlusterlebnisse. Unsere Hoffnung ist, daß wir irgendwann in der Lage sein werden, anhand solcher Untersuchungen schwere Formen der Depression schon frühzeitig zu erkennen und behandeln zu können."

Denn Depressionen sind zwar mit einer Wahrscheinlichkeit von sechs bis acht Prozent die häufigste psychische Krankheit bei Jugendlichen, bleiben aber oft lange unerkannt. "Depressive Mädchen sind oft zurückhaltend, ein wenig ängstlich und fallen nicht weiter auf. Bei den Jungen wird eine Depression schnell mit der allgemeinen ,Bocklosigkeit' in der Pubertät verwechselt." Weitere Symptome bei Jungen und Mädchen sind schlechtes Selbstwertgefühl, traurige Stimmung, Lustlosigkeit, Antriebs- und Schlafstörungen. "Jungen neigen allerdings eher als Mädchen dazu, diese Symptome mit Cannabis zu bekämpfen. Der Konsum von Cannabis führt aber auf Dauer selbst zu allgemeiner Lustlosigkeit und verstärkt auf diese Weise die Depression noch", so Schulte-Markwort.

Behandelt wird die Krankheit mit einer Psychotherapie, in schwereren Fällen auch mit Medikamenten, die nach zwei bis drei Wochen ihre Wirkung zeigen. "Das ist nötig, damit die Jugendlichen überhaupt dazu in der Lage sind, Konflikte in einer Psychotherapie zu bearbeiten." Eine rechtzeitige und ausreichende Behandlung ist wichtig, auch damit es nicht zu weiteren depressiven Phasen kommt. "Denn unbehandelt liegt das Risiko einer erneuten depressiven Phase bei 50 Prozent", erklärt der Kinderpsychiater.

Als Risikofaktoren für eine schwerere Form der Depression nennt Schulte-Markwort eine erbliche Veranlagung, zum Beispiel eine Depression bei Vater, Mutter oder Großmutter sowie traumatische Erlebnisse wie Verlust eines Elternteils und sexuelle und körperliche Mißhandlungen.

Ihre gerade abgeschlossene Studie bereiten Schulte-Markwort und Stegemann jetzt zur Veröffentlichung vor. Außerdem wollen sie ihre Ergebnisse in diesem Jahr auf dem internationalen Kongreß "Human Brain Mapping" in Florenz präsentieren.

02 Februar 2006

Neue Mannheimer Kohortenstudie

http://www.idw-online.de/pages/de/news145321
Zitat:
Am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit wurden 1979 erstmals unter der Leitung von Prof. Heinz Schepank 600 Mannheimer Bürger auf ihre psychische Gesundheit hin untersucht. Diese sogenannte Mannheimer Kohortenstudie (MKS) wird nun unter der Leitung von Prof. Klaus Lieberz (Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie) mit einer weiteren Querschnittsuntersuchung dank der großzügigen Unterstützung der W. Müller Stiftung Mannheim fortgesetzt.
Die Studie widmet sich zum einen der Frage nach der Häufigkeit psychischer und psychosomatischer Störungen in der Allgemeinbevölkerung. Zum anderen wird untersucht, wie solche Störungen verlaufen und durch was sie in ihrer Entstehung und in Verlauf beeinflusst werden.

Die Auswahl der 600 Probanden erfolgte 1979 nach Zufall aus allen deutschen Frauen und Männern der Geburtsjahrgänge 1935, 1945 und 1955 im Mannheimer Melderegister. Sie entstammen zu gleichen Anteilen aus den drei Geburtsjahrgangskohorten und sind je zur Hälfte Männer und Frauen. Bei Beginn der Untersuchung (1979) waren die Probanden im Durchschnitt 25, 35, und 45 Jahre alt. Heute sind sie 50, 60 und 70 Jahre alt.

An die erste Untersuchung 1979 schlossen sich weitere 2 bzw. 3 Untersuchungen an, so dass bisher insgesamt der Verlauf über ca. 15 Jahre erfasst werden konnte. Mit dem jetzigen Untersuchungsquerschnitt ist dann ein Verlauf über insgesamt 25 Jahre abzubilden, womit die Untersuchung auch im internationa-len Vergleich eine Ausnahmestellung einnimmt.

Als wesentliches Ergebnis der ersten Untersuchung (1979-1982) fand sich, dass 26% der gesamten untersuchten Bevölkerungsstichprobe als psychisch krank eingestuft werden mussten (34% der Frauen, 18% der Männer). Die Angehörigen der unteren Sozialschichten waren überrepräsentiert, ebenso Ledige, Getrenntlebende und Geschiedene.

In der Folgeuntersuchung (1983-1985) wurden die wesentlichen Befunde der Erstuntersuchung repliziert. Es zeigte sich, dass von einer hohen Zeitstabilität psychogener Erkrankungen auszugehen ist. Die sog. Spontanheilungsrate war mit etwa 6% gering, d.h. wer zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung als seelisch krank einzustufen war, hatte in der Folge ein 8-fach erhöhtes Risiko, auch in der Folgezeit die Fallschwelle zu erreichen. Es zeigte sich weiterhin, dass eine stärkere psychogene Beeinträchtigung die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht, im sozialen Schichtgefüge abzusteigen und dass chronisch psychogene Kranke vor allem Frauen aus den unteren sozialen Schichten sind.

Die Studie hat bisher schon große nationale und internationale Beachtung gefunden und wesentlich zu gesetzgeberischen Maßnahmen beigetragen, die der Verbesserung der seelischen und körperlichen Gesundheit der Bevölkerung dienen. Aus der Untersuchung sind zahlreiche Veröffentlichungen hervorgegangen. Die bisher vorliegenden Ergebnisse sind in dem Buch "Seelische Gesundheit und neurotisches Elend" von Franz, M; Lieberz K; Schepank H. (erschienen 2000 im Springer Verlag 2000) zusammengefasst.

Duisburg: Bündnis gegen Depressionen gegründet

http://www.depression-duisburg.de./htmljava....g.asp&id=345
Zitat: Eine von 29 Duisburger Institutionen und Verbänden getragene Aufklärungs- und Fortbildungskampagne zur Bekämpfung der Volkskrankheit Depression ist heute (31.Januar 2006) in Duisburg gestartet. Nach dem Vorbild der bundesweiten Initiative „Bündnis gegen Depression“ treten Ärzte, Psychotherapeuten, die Stadt Duisburg, Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Selbsthilfegruppen mit dem Ziel an, die Öffentlichkeit über das Krankheitsbild aufzuklären und die Versorgung depressiver Menschen zu verbessern.

Der Hintergrund: In Deutschland sind rund vier Millionen Menschen akut an einer behandlungsbedürftigen Depression erkrankt. Doch fast die Hälfte der Erkrankten nimmt keine Hilfe in Anspruch. Unbehandelt kann die Depression schwere Folgen haben − von der sozialen Isolation über den Arbeitsplatzverlust bis hin zum Suizid.

Aus dem Gesundheitsreport der DAK 2005 geht hervor, dass seit 1997 bis 2004 die Zahl der Fälle bei psychischen Erkrankungen um 70 Prozent zugenommen hat und damit auch die Krankheitstage alarmierend gestiegen sind.

„Ein zentrales Ziel des Bündnisses ist die Bekanntmachung der Krankheit, ihrer Formen, Symptome und Behandlungsmethoden sowohl bei den Betroffenen als auch in der Gesellschaft“, sagte der Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein und Initiator des Duisburger Bündnisses, Dr. Arnold Schüller. Psychische Gesundheit vor allem in den Lebenswelten Ausbildung und Arbeit müsse stärker in den Fokus von Verantwortlichen in Schulen, Ausbildungsstätten und Betrieben rücken.

Das Bündnis wird in den nächsten beiden Jahren zum Beispiel Fortbildungen für Berufsgruppen veranstalten, die mit depressiv erkrankten Menschen zusammenkommen. Dazu gehören neben Ärzten, Pflegefachkräften und Seelsorgern auch Mitarbeiter von Beratungsstellen, Personalräte und Lehrer.
Darüber hinaus wird es Informationen für spezielle Zielgruppen wie zum Beispiel alte Menschen und Kinder und Jugendliche geben.

„Ein Schwerpunkt der Duisburger Initiative wird auf dem Feld der Arbeitswelt liegen“, erklärte Dr. Albert Franz Ernst, niedergelassener Psychiater und Psychotherapeut in Duisburg. Denn statistisch hätten Arbeitslose ein höheres Risiko, an einer Depression zu erkranken, als Arbeitnehmer mit einer sicheren Zukunftsperspektive. Beispielsweise verbringen arbeitslose Männer nahezu siebenmal mehr Tage mit einer psychischen Erkrankung im Krankenhaus als Nicht-Arbeitslose, sagte Ernst, „hier müssen wir mit Betriebsmedizinern, Menschen mit Personalverantwortung, aber auch mit den Arbeitsvermittlungsagenturen zukünftig enger zusammenarbeiten, über das Krankheitsbild aufklären und vor allem präventive Angebote machen.“

Neben ärztlichen Organisationen, Kliniken und Wohlfahrtseinrichtungen gehört auch die Stadt Duisburg zu den Trägern des Bündnisses. „Es gehört zu den wesentlichen Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes, die Gesundheit der Bevölkerung zu fördern und bei der Verhütung von Krankheiten mitzuwirken“, sagte Marcel Hellmich, Psychiatriekoordinator beim städtischen Gesundheitsamt und Geschäftsführer der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft. Der Stadt sei es zudem ein Anliegen, den in Duisburg lebenden Menschen mit Migrationshintergrund ein gutes und die sprachlichen und kulturellen Besonderheiten berücksichtigendes Informationsangebot zum Thema „Depression“ zu machen.

Die Auftaktveranstaltung „Duisburg gegen Depression“ findet am 4. Februar 2006 in Duisburg unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters Adolf Sauerland und des Leiters des Wilhelm Lehmbruck Museums, Professor Dr. Christoph Brockhaus statt.

> Einzelheiten zu den geplanten Aktivitäten stehen auf der Homepage des Bündnisses http://www.depression-duisburg.de.

USA richten psychisch Kranke hin

http://www.nachrichten.ch/detail/232756.htm
Zitat:
Washington - In den USA sind nach Schätzungen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International seit 1977 mindestens 100 Geisteskranke hingerichtet worden.
Die Überprüfung psychiatrischer Untersuchungen, medizinischer Aufzeichnungen und Dokumenten über extremes Verhalten hätten eindeutig belegt, dass wenigstens zehn Prozent der 1000 Hingerichteten an ernsten psychischen Störungen litten, heisst es in einem am Montag vorgelegten Bericht der Organisation. In anderen Fällen sei eine Erkrankung nicht auszuschliessen, da viele der zum Tode Verurteilten niemals psychiatrisch untersucht worden seien.
Die Gruppe kritisierte, die ritualisierte Tötung psychisch kranker Menschen in den USA verletzte international geltende Anstandsnormen. Im vergangenen Monat wurde der 1000. Mensch seit 1977 hingerichtet, seit die USA die Hinrichtungen nach einer Aussetzung wieder aufgenommen hatten.


http://www.amnesty.at/todesstrafe/
http://www.amnesty.de/

28 Jänner 2006

Ernährung hat direkte Auswirkungen auf das Gehirn

http://www.zvk.org/s....4ecabbb25c
Zitat:
Die Ernährungsaktivisten Sustain http://www.sustainweb.org und die Mental Health Foundation http://www.mentalhealth.org.uk haben erforscht, wie die Form der Herstellung der Lebensmittel die Balance von Schlüsselnährstoffen verändert hat. Dazu kommt, dass die Menschen in den letzten 50 Jahren weniger frische Lebensmittel und mehr gesättigte Fette und Zucker zu sich nehmen. Die Folge seien Depressionen und Probleme mit dem Gedächtnis. Andrew McCulloch, der Vorsitzende der Mental Health Foundation, erklärte, dass man jetzt erst beginne zu verstehen, wie das Gehirn als Organ durch die zur Verfügung gestellten Nährstoffe beeinflusst wird. Dazu gehöre auch, welche Auswirkungen die Ernährungsgewohnheiten auf die geistige Gesundheit haben.

McCulloch geht davon aus, dass die Behandlung der psychischen Verfassung mit Veränderungen der Ernährung in manchen Fällen bessere Ergebnisse zeige als der Einsatz von Medikamenten oder einer Beratung. Experten wie Rebecca Foster von der British Nutrition Foundation erklärten gegenüber der BBC, dass die Beweise für einen Zusammenhang zwischen geistiger Gesundheit und der Aufnahme an Nährstoffen noch in den Kinderschuhen steckten. Daher handle es sich um einen schwierig zu erforschenden Zusammenhang, bei dem die Ergebnisse in vielen Fällen subjektiv sind.

Die Studie Feeding Minds http://www.mentalhealth.org.uk/page.cfm?pagecode=PRFM macht sichtbar, wie sich die sensible Balance der Mineralien, Vitamine und lebenswichtigen Fette in den letzten fünf Jahrzehnten verändert hat. Der starke Anstieg der industrialisierten Landwirtschaft hat zur Einführung von Pestiziden geführt und mit der daraus resultierenden Veränderung des Futters auch den Aufbau des Körperfettes der Tiere beeinflusst. So erreichten Hühner ihr Schlachtgewicht heute doppelt so rasch wie vor 30 Jahren. Dabei stieg der Fettanteil von zwei auf 22 Prozent. Das Futter hat auch zu einer Veränderung der Balance der wichtigen Omega-3 und Omega-6-Fettsäuren bei den Hühnern geführt, die das Gehirn für ein problemloses Funktionieren benötigt. Im Gegensatz dazu führt die Einnahme von gesättigten Fetten zu einer Verlangsamung der Leistung des Gehirns. Der Konsum genau dieser Fette hat mit den Fertiggerichten immer mehr zugenommen.

Heute essen die Menschen laut Studie 34 Prozent weniger Gemüse und zwei Drittel weniger Fisch als vor fünfzig Jahren. Gemüse und Fisch gelten als Hauptquellen für Omega-3-Fettsäuren. Derartige Veränderungen können mit Depressionen, Schizophrenie, Aufmerksamkeitsstörungen (ADHD) und Alzheimer in Zusammenhang stehen. Die Autoren der Studie rieten dringend zu einer gesünderen Ernährung mit mehr Gemüse und Fisch. Die Wissenschafterin Courtney Van de Weyer erklärte, dass die gute Nachricht darin bestehe, dass die richtige Ernährung für ein gesundes Gehirn jener für einen gesunden Körper entspreche. Die schlechte Nachricht sei, dass ohne eine radikale Veränderung der Ernährung und der Landwirtschaft in Zukunft keine gesunden und nährstoffreichen Nahrungsmittel zur Verfügung stehen werden.

Die Leistungsgesellschaft macht Menschen krank

http://www.nachrichten.at/leben/418107
Zitat:
Erfolgszwang, Leistungsdruck und Perfektionismus - dies sind Symptome unserer Zeit. Immer mehr Menschen befürchten, daran zu zerbrechen und entwickeln Versagensängste.

"Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die die Ziele immer höher steckt. Viele Menschen glauben, diesen Anforderungen nicht gewachsen zu sein", sagt Hans Morschitzky, Gesundheitspsychologe und Buchautor aus Linz. "Wer ständig Höchstleistungen erbringt, braucht seine Energiereserven auf. Das Resultat sind Ängste, die das Leben beeinträchtigen."

Während Angst in Maßen unsere Aufmerksamkeit und Denkfähigkeit erhöht, kann sich der Mensch bei übermäßiger Angst schlechter konzentrieren, es kommt zu körperlichen Symptomen wie Atembeschwerden, Übelkeit, Zittern, Hektik, Schlafstörungen.

"Die Angst zu versagen quält vor allem Menschen, die wenig Selbstwertgefühl haben", sagt Morschitzky. Wer sein Selbstwertgefühl nur auf seiner Leistungsfähigkeit aufbaue, sei ebenfalls gefährdet - genauso wie Perfektionisten, krankhaft ehrgeizige Menschen und solche, die sich beruflich und familiär übermäßig verausgaben.

In seinem Buch "Die Angst zu versagen und wie man sie besiegt" nennt Morschitzky den Arbeitsplatz als zunehmenden Angstfaktor. "Im Job treten verschiedene Formen der Angst zu Tage. Existenzängste, soziale Ängste und Leistungsängste. Viele Menschen stehen knapp vor dem Burn-out, wollen es aber nicht wahrnehmen und machen weiter, bis sie nicht mehr können." ...

"Leistungsdruck von klein auf legt oftmals den Grundstein für Versagensängste. Diese entwickeln sich schon im Kindesalter, wenn Eltern ihr Kind durch erhöhte Erwartungen überfordern. Häufig kritisieren sie erbrachte Leistungen des Kindes übermäßig und wollen jeden Misserfolg verhindern", erklärt Morschitzky.

Bozen blamiert sich: Stellungnahme des Landesamtes für Gesundheitssprengel

http://www.provinz.bz.it/lpa/news/news_d.asp?art=127912&HLM=1
Zitat:
Zur Wanderausstellung "Das erschöpfte Selbst" nimmt das Landesamt für Gesundheitssprengel Stellung. Zentrales Anliegen dieser Aktion sei das Thematisieren der Krankheit Depression und ihrer Auswirkungen, der Versuch der Annäherung einer breiten Öffentlichkeit an ein sehr heikles Thema. "Es ist sehr schade, dass einer Auseinandersetzung in unserer modernen und vermeintlich offenen Gesellschaft kein Raum gegeben wird", so das Amt.

Die Wanderausstellung "Das erschöpfte Selbst" ist im Rahmen der europaweiten Kampagne gegen Depression entstanden. Sie ist in Zusammenarbeit von vier Landesabteilungen verwirklicht worden und wurde seit 1. Oktober des vergangenen Jahres in den Krankenhäusern von Brixen und Bruneck gezeigt. Es gehe dabei vor allem um die Thematisierung der Krankheit Depression und um die Vermittlung der Erkenntnis, dass die Depression "eine Krankheit unserer modernen Gesellschaft wie jede andere auch ist, zu der man stehen kann", schreibt das Landesamt für Gesundheitssprengel.

Die Auseinandersetzung mit der Krankheit sollte dabei über zeitgenössische Kunstwerke geschehen. "Eine Art der Auseinandersetzung, die mit Sicherheit für viele Bürger völlig ungewohnt und unüblich zu sein scheint", heißt es in der Stellungnahme. Kunst schaffe es aber, das zum Ausdruck zu bringen, was viele mit Worten nicht imstande seien, liest man weiter. Und dies vor allem die zeitgenössische Kunst, "weil sie nicht beschönigt, nicht verhüllt".

Von Anfang an klar war, dass die Kunstwerke nicht im gewohnten Umfeld, sondern an einem öffentlichen Ort ausgestellt werden sollten, zu dem möglichst viel Publikum Zugang habe, unabhängig von Alter, sozialer Stellung, beruflicher Qualifikation oder gesellschaftlichem Ansehen. "Denn genauso so ist es bei der Krankheit selbst, die im Grunde jeden einzelnen von uns treffen kann", so das Amt. Die Beschäftigung mit den Kunstwerken solle zum Nachdenken anregen und von Vorurteilen befreien.

"Leider wurde jahre- und jahrzehntelang über die Krankheit Depression geschwiegen, wie auch über viele andere psychische Leiden", so das Landesamt für Gesundheitssprengel. Die Folge waren Ausgrenzung, Stigmatisierung, Schwellenängste, Vorurteile. "Gleichzeitig entzog die Gesellschaft sich jeglicher Verantwortung", heißt es in der Stellungnahme.

Seit Jahren versuchen die Entscheidungsträger in Südtirol über verschiedene Initiativen damit zu brechen. Es finden Veranstaltungen statt, mit dem Ziel Aufklärungsarbeit zu leisten, zu informieren, zu sensibilisieren. "Es stellt sich nun die Frage, warum diese Initiative im Krankenhaus in Bozen auf Unverständnis stößt, nachdem sie bereits in den Krankenhäusern in Brixen und Bruneck stattgefunden hat", so das Amt. Die Ausstellung in Bozen wurde mittlerweile abgebaut. "Es ist sehr schade, dass einer Auseinandersetzung in unserer modernen und vermeintlich offenen Gesellschaft kein Raum gegeben wird", so die Stellungnahme. Kunst, so das Fazit, müsse die Freiheit haben "Ungewohntes", Schmerz und Leid zum Ausdruck zu bringen.

Bozen blamiert sich: Depression ist zu deprimierend

http://portal.tirol.com/chronik/suedtirol/29080/index.do
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Wenige Tage nach ihrer Eröffnung im Foyer des Bozner Krankenhauses ist die Wanderausstellung "Das erschöpfte Selbst" vorzeitig abgebaut worden. Die Ausstellung zum Thema Depression erschien zahlreichen Besuchern des Krankenhauses aber auch etlichen Pflegern als zu deprimierend. Zu sehen waren abgtrennte, auf dem Boden liegende Beine einer Schaufensterpuppe sowie Videoinstallationen mit verbundenen Füßen oder das mit Pflastern verklebte Gesicht einer Frau.

Die interaktive Kunstausstellung "Das erschöpfte Selbst - Depression und Gesellschaft in der Gegenwart" wurde je zwei Monate im Krankenhaus Brixen und Bruneck gezeigt. Mit der Ausstellung will die "Europäische Allianz gegen Depression" Menschen auf das Thema Depression ansprechen und eine offene Auseinandersetzung mit der "Volkskrankheit des 21. Jahrhunderts" fördern. In Brixen und Bruneck gab es angeregte Diskussionen und viele Fragen.

Die acht beteiligten Künstler sprechen zum Teil eine sehr deutliche Sprache, die auch persönliche Leiderfahrung einschließt. Vor allem aber legen sie den Betrachtern nahe, eigene Unsicherheiten aufzuspüren, und über ein schweres Thema nachzudenken. Zum andern steuern sie auch distanzierende, ästhetische und humorvolle Aspekte bei, die sich erst bei näherem Einlassen auf die Werke erschließen, und einen bewältigenden Umgang mit der Depression nahe legen.

"Es ist ja interessant, was wir jeden Tag an Bilderflut von Plakatwänden bis Fernsehnachrichten aushalten, jede Menge erotische Reizung und gewalttätige Erschütterung. Wir lernen bei tausend Gelegenheiten, einfach weiterzugehen, wegzusehen... offenbar ist das manchen im Eingangsbereich des Bozner Krankenhauses nicht möglich", wundert sich Roger Pycha, der wissenschaftliche Leiter der Europäischen Allianz gegen Depression in Südtirol.

Die Künstler hätten ihre Ausstellung vom Foyer in den Wintergarten verlegen können, lehnten dies jedoch ab, weil sich dort kaum jemand aufhält. "Wo hat das seelische Leid denn Platz im Krankenhaus? Im Eingangsbereich offenbar nicht. Es sollte dorthin verbannt werden, wo niemand hinfindet, damit es niemanden stört. Nicht nur psychisch Kranke werden ausgegrenzt. Auch alle kreativ entwickelten Hinweise auf ihre Existenz sollen verdrängt werden. Vielleicht nach dem Motto: Was gut versteckt ist, das gibt es nicht?", kommentiert Roger enttäuscht den Abbruch der Ausstellung.

"Bozen verdrängt, verbannt, schiebt ab", ärgert sich auch Hartmann Hinterhuber, Vorstand der Uni-Klinik für Psychiatrie in Innsbruck. Er prophezeit, dass das Abbrechen dieser Ausstellung sich wie ein Lauffeuer durch alle jene europäischen Regionen verbreiten wird, die im "Bündnis gegen die Depression" vereint sind. "Das Urteil über das Verhalten des Krankenhauses Bozen wird verheerend sein: unser Land wird in der internationalen Presse böse Schlagzeilen machen, die noch um vieles peinlicher sein werden, als jene, die wir in verschiedenen Tageszeitungen derzeit wahrgenommen haben", ist Hinterhuber überzeugt. "Die Künstler, die diese beeindruckende Ausstellung gestaltet haben, arbeiten für ein Mehr an Toleranz und Verständnis, für ein Mehr an Menschlichkeit und Wärme. Ist Bozen psychisch Kranken gegenüber wirklich so intolerant und verständnislos, so unmenschlich und kalt?",wundert sich Hinterhuber.